Die Ironie dieses Videos ist, das sei vorweggenommen, dass es gar nicht existierte, gäbe es nicht, was der Song kritisiert: die Digitalisierung unseres Lebens. Aber der Reihe nach. Wer erinnert sich? Vergangenes Jahr – 2016 – im Oktober sind Thomas und ich auf eine Berghütte im Kaisergebirge gefahren und hatten unsere Instrumente und noch einige andere Gerätschaften dabei.
Session in den Bergen – More to Come
Wir gingen sozusagen in Klausur, mit dem Ziel zwei oder drei Songs aus den ersten Sessions, die wir im August desselben Jahres begonnen hatten, fertig zu arrangieren und aufzunehmen. Das Riegl Kink Project stand noch am Anfang. Wir hatten seit August ein paar vielversprechende Sessions gemacht, aber das war der Test, ob wir zusammen kreativ und effizient Musik würden schreiben und produzieren können. Vielleicht trug auch die malerische Hütte mit der grandiosen Aussicht dazu bei, aber das Ergebnis war unsere erste EP mit dem prospektiven Titel More to Come im Dezember 2016. Damals produzierten wir recht schnell, im Januar 2017 bereits, das erste Musikvideo zum Opener What She Said. Clouds and Rain, der zweite Titel auf der EP führte ein Schattendasein. Völlig zu Unrecht, wie wir finden.
Kostenloser Download
Den Song Of Clouds and Rain könnt Ihr Euch hier herunterladen und dazu gibts hier das Cover, denn der soll in der digitalen Musiksammlung ja auch gut ausschauen. Wenn ihr fertig seid, stellt ihr den iPod, das iPhone, das Galaxy oder welches New Media Gadget ihr eben benutzt, auf Dauerschleife. Kopfhörer auf und Rock’n’Roll. Während ihr jetzt also den Song hört, lest ihr unten, welche Gedanken hinter dem Song standen.
Of Clouds And Rain – Der Song
Die Digitalisierung aller Lebensbereiche kann man ja als eine Chance empfinden oder als eine Bedrohung. Wie in allen Umbruchsphasen von Wirtschaft und Gesellschaft gibt es auch hier Verlierer und Profiteure, aber der Punkt ist, dass niemand sich dem Sog und den Auswirkungen entziehen kann. Für Viele birgt die datentechnische Erfassung des Lebens eine Art magischen Heilsversprechens, das das Individuum aus seiner Isolation holt, ins Netz zieht und es dort wiederermächtigt und zu einer neuen Art von Subjekt werden lässt. Die Feuilletons sind nicht umsonst voll mit Essays und anderen Beiträgen, die sich mit den positiven wie negativen Seiten befassen.
Der Song jedenfalls entstand aus einem Gefühl der Fassungslosigkeit heraus. Wie kann es sein, dass Menschen wochenlang vor einem Apple Store in Manhattan campieren, um die ersten zu sein, die das neue iPhone nach Hause schleppen?
Wie kann sein, dass wir unsere Leben immer transparenter machen? Für andere Menschen, aber auch für Konzerne, Staaten, Versicherungen und kriminelle Geschäftemacher, die unsere Daten allzu oft nicht in unserem Sinne nutzen. Wie kann es sein, dass wir sensibelste Geschäftsdaten in Clouddrives anonymer Unternehmen speichern und uns auf das hippe Start Up Image verlassen, das uns suggeriert, ein millionenschweres Unternehmen bestünde bloß aus einem Haufen cooler Visionäre, die in Bürolofts mit Backsteinwänden und Sichtbeton vor ihren stilsicheren iMacs designen und programmieren, um die Welt besser zu machen?
Da wünscht sich der Vernunftbegabte manchmal einen richtigen Gewittersturm, der diesen ganze Cloud-Unsinn einfach wegbläst: „Where’s the rain to wash my clouds away?“ Das ist natürlich utopisch und es gibt ja auch die positiven Seiten – aber als Hookline funktioniert es. Die Ironie ist ja auch: Ohne diesen Cloud-Unsinn, hätten wir das Video nicht so produzieren können.
Clouds And Rain – Das Video
14 Stunden. In Clouds and Rain gibt es fast kein Bild, das nicht digital nachbearbeitet ist. So einfache Dinge wie Lens Flare an den Scheinwerfern sind da genauso dabei, wie der Gewittersturm in der Tiefgarage inklusive elektrischer Entladungen und einschlagender Blitze. Dass diese Effekte überhaupt in 14 Stunden machbar sind, verdanken wir eben jener Digitalisierung, die der Song kritisiert. Die Software mit der heute gearbeitet wird – After Effects CC und Premiere Pro CC hauptsächlich – ist mittlerweile in einem unheimlichen Maße leistungsfähig geworden. 3D Plug Ins, Partikeleffekte, wie etwa der Regen und die Blitze, sind heute zwar immer noch aufwändig, aber innerhalb eines sinnvollen Zeitrahmens machbar. Dazu kommt, dass es für den erfahrenen Anwender dank Youtube einfach ist, eine schnelle Lösung für einen Workflow zu finden. Wenn seine Arbeitsgerät kennt, braucht man keine 25 Minuten Tutorial, man kann sich schnell herauspicken, was einem weiterhilft. Und: Heute sind hochwertigste digitale Elemente, wie offene Vektorgrafiken im einstelligen Dollarbereich zu haben.
Nicht zuletzt ist die Kameratechnik so fortgeschritten, dass ein Fotoapparat zusammen mit einen kleinen Gimbal Bilder macht, wie sie das Kino jahrzehntelang nur mit viel Aufwand herstellen konnte – wenn überhaupt. 14 Stunden Postproduktion ist da ja schon fast lächerlich…
Segen, Fluch und Ironie
Die Krönung der Ironie dieses Songs ist es schließlich, dass wir ihn ausschließlich online und in den sozialen Medien hochladen, teilen und bewerben. Dass die Digitalisierung Fluch und Segen zugleich ist, ist natürlich ein Gemeinplatz. Ironie und Paradoxien zwischen dem analogen und dem digitalen Leben müssen wir dabei aushalten, wenn nicht irgendwann das analoge im digitalen Leben aufgelöst wird. Bis dahin kann man sich ja in guter alter Rock’n’Roll Manier darüber aufregen, dass keiner den Elefanten im Raum gesehen hat, bis er das gute Geschirr zerdepperte:
These days we’ve got our heads
stuck in the clouds,We cannot see beyond the
misty world aroundWhere’s the rain to wash the cloud
Where’s the rain to wipe my cloud away?We have come to exist,
by our connectionBig data. Lullaby.
Attraction.Is it real? Is it obscuring our sight?
Give us more! New media delight!
I am me but all mass is grey,
So the Second Life is our hide awayWe won’t know but we believe,
That seems fine
For the new media popes,
We’ll stand in and on-lineWe just forgot the times before
Everyone worshipped clouds with aweWhere’s the rain to wash the clouds
Where’s the rain to wash the clouds
Where’s the rain to wipe my cloud away?